Lasst die Kinder spielen!
Spielen ist das zentrale Thema eines jeden Kindes, denn es findet ganz automatisch seinen Platz im Alltag. Spielerisch die Welt entdecken beginnt von klein auf, mit wenigen Monaten, wenn Kinder beispielsweise ihre Hände entdecken, lernen zu verstehen, dass sie zu ihrem Körper gehören. Spielen ist unabdingbar für ein jedes Kind, denn damit erschließt es sich seine Welt, dadurch lernt es jeden Tag etwas Neues. Wieso also, wenn wir dieses Wissen verstehen, wird das Spielen eines Kindes noch viel zu oft belächelt und abgetan als etwas, dass uns banal erscheint? Wieso versuchen wir unsere Kinder frühestmöglich zu fördern, statt ihnen genügend Zeit zum Spielen einzuräumen – womit sie die beste Förderung erhalten würden? Wenn wir Erwachsenen nicht begreifen, dass Spielen der Schlüssel zur Welt, zum Erfolg des Lebens ist, weil es unsere Kinder schlau macht, verwehren wir ihnen den größten und wertvollsten Schatz ihrer Kindheit, der ihnen gleichzeitig die bestmöglichen Kompetenzen für ihr weiteres Leben bietet. Neugierig geworden? Dann lese weiter, aber sei dir bewusst, dass die folgenden Fakten das Leben deines Kindes verändern könnten.
Spielen findet intrinsisch statt…
… das bedeutet aus einem ureigenen Antrieb, weil der Mensch gewillt ist zu lernen. Und beim Spielen lernt der Mensch! Aus der Hirnforschung wissen wir, dass es beim Spielen zur Ausschüttung spezieller Botenstoffe kommt, die Zufriedenheit, Freude und Begeisterung hervorrufen. Können Kinder so viel wie möglich auf die vielfältigste Art und Weise spielen erfolgt der Prozess der Ausschüttung dieser Stoffe mehrmals täglich und sorgt dafür, dass das Gehirn neuronale Verknüpfungen bildet. Dies wiederum führt zu der Eigenschaft, dass Kinder innerhalb kurzer Zeit viel lernen können. Neurobiologen bestätigen daher, dass Spielen die Basis ist für ein lebenslanges Lernen. (Vgl. Hüther, Quarch; Vgl. Schmidt)
Diese Wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber, wie das Gehirn lernt, bedeuten für mich, dass es in der pädagogischen Praxis so viel Raum wie möglich für freies Spielen geben sollte, denn die Zeit, in der Kinder unbeschwert, frei und voller Freude lernen geht oftmals mit dem Eintritt in das Schulalter verloren. Kinder brauchen daher umso mehr die Gelegenheit so viele Erfahrungen wie möglich für ein positives Lernverhalten zu sammeln. Denn so können Kinder befähigt werden diese positiven Erfahrungen des Lernens in ihren Erinnerungen beizubehalten und im späteren Schulalltag anzuwenden, wo es geht.
All die von außen instruierten Fördermöglichkeiten und Programme, denen wir unsere Kinder meist ab Beginn des Kindergartenalters aussetzen, um eine bestmögliche Förderung oder Freizeitgestaltung zu erzielen, sind nicht zwingend notwendig, wenn du deinem Kind im Alltag genügend Zeit und Gelegenheit zum Spielen bietest. Zudem mindert es den Alltags- und Terminstress, der bei Kindern immer früher beginnt und ihnen die Zeit für die wichtigen Dinge raubt – dem Spielen. Denke einmal darüber nach, welche der von dir beanspruchten kindlichen Fördereinheiten oder Programme nicht durch das bloße Freispiel ersetzt werden könnten.
Wenn du dich an dieser Stelle fragst, ob dein Kind denn auch ausreichend vorbereitet ist auf die Schule, ohne zusätzliche Förderprogramme neben dem Kindergarten, dann kann ich dich beruhigen. Da wo Kinder zusammenkommen und miteinander spielen, lernen sie alles Wesentliche und auf die Schule vorbereitende was sie brauchen: soziale Interaktion, Beziehungen knüpfen, Konflikte lösen, kreative Ideen und Lösungen entwickeln, Fantasie und Freude beim Tun entdecken und, und, und. All diese Kompetenzen sind relevant für die Schule und werden im Kindergartenalltag im letzten Jahr durch vorschulische Aktivitäten geschult, die sich aber meines Erachtens auch von alleine im freien und angeleiteten Spielen ergeben und verinnerlichen lassen.
Spielen ist die Hauptbeschäftigung eines jeden Kindes!
So wie es für uns als Erwachsene vollkommen normal ist einem Beruf nachzugehen, welches in etwa täglich acht Stunden Arbeitserwerb beinhaltet, so ist es für Kinder nicht außergewöhnlich diese acht Stunden mit dem kindlichen Spielen zu füllen. Sozusagen ist das Spiel der Beruf eines jeden Kindes, denn sie verbringen bis zur Vollendung ihres sechsten Lebensjahres rund 15.000 Stunden damit zu spielen – womit sie bei sieben bis acht Stunden täglich sind. (Vgl. Hilfswerk)
Das ist enorm, wenn man bedenkt, wie voll und getaktet manch kindlicher Alltag ist. Wo bleibt denn da noch so viel Zeit zum Spielen? Selbst in den Kindertagesstätten gibt es feste Abläufe gefüllt mit Programmen und Fördermöglichkeiten, die das reine, freie und kindliche Spiel in die Ecke drängen. Wo ermöglichen wir es unseren Kindern, kämpfen dafür, dass sie ihrem „Beruf“ nachgehen können, so wie es für uns auch selbstverständlich ist zu arbeiten, uns in unserer Kreativität auszudrücken?
Spielen macht schlau!
Du willst die bestmöglichste Bildung für dein Kind? Dann lass es spielen, denn spielen macht schlau! Du hast richtig gehört, laut Untersuchungen von Neurologen und Verhaltensbiologen gibt es die These, dass Spielen intelligent macht. Es wurde beobachtet, wie das Gehirnwachstum bei Menschenaffen damit zusammenhängt, wie viel Zeit sie mit Spielen verbracht haben. Herausgefunden wurde auch bei einer Vielzahl weiterer Tiere, dass der Spieltrieb derer größer und das Spiel variantenreicher ist, je größer das Gehirn, genauso umgekehrt: Je kleiner das Gehirn, desto niedriger der Spieltrieb. Somit kann davon ausgegangen werden, dass diese intensive Beschäftigung des Spielens einen wichtigen Grund für die Entwicklung, sowohl von Menschen als auch von Tieren haben muss. Das menschliche Spiel führt vor allem dazu, dass Abteilungen des Gehirns stimuliert und modelliert, sowie Nerven miteinander vebunden werden. Dieser Vorgang ermöglicht das komplexe Denken. (Vgl. Tenzer)
Das Buch „Rettet das Spiel! Weil Leben mehr als Funktionieren ist“ von Gerald Hüther und Christoph Quarch warnt sehr ausdrücklich davor, dem kindlichen Spieltrieb, mit dem ein eigenständiges und gesundes Lernen einhergeht, nicht durch zu viel Frühförderung im Weg zu stehen. (Vgl. Hüther, Quarch)
Ebenso versuchen die Studien aus der Verhaltensbiologie uns einen Weckruf zu vermitteln. Sie rufen dazu auf das Spiel wieder als solches anzuerkennen, was es ist: der Motor für das kindliche Lernen und die intrinsische Bildung eines jeden Kindes, die unabdingbar ist, um sich in der Welt später zurechtfinden zu können. So sollten wir uns die Anregungen vom Schweizer Psychologen Jean Piaget, der bereits 1969 herausfand, dass Denken und Spielen miteinander zusammenhängen zu Herzen nehmen und selbst wieder einmal mit unseren Kindern gemeinsam spielen, um zu entdecken, dass auch in uns Erwachsenen ein Spieltrieb schlummert, der zu weitaus mehr Kreativität führen kann als ein von außen konstruiertes und künstlich erzeugtes Spiel. (Vgl. Tenzer)
Quellen
Hilfswerk: „Spielen macht schlauer“, unter: https://www.hilfswerk.at/oesterreich/kinderbetreuungskompass/sicherheit-gesundheit-erziehung/spielen/, abgerufen am 25.02.2023
Hüther, Gerald; Quarch, Christoph (2020): Rettet das Spiel! Weil Leben mehr als Funktionieren ist. München: Carl Hanser Verlag.
Schmidt, Hiltje: „Die Bedeutung des kindlichen Spiels“, unter: https://digibib.hs-nb.de/resolve/id/dbhsnb_thesis_0000001740, abgerufen am 25.02.2023
Tenzer, Eva: „Spielen macht Kinder schlau“, unter: https://www.wissenschaft.de/allgemein/spielen-macht-kinder-schlau/, abgerufen am 25.02.2023