Warum Generationen verbinden?
Eine zentrale Fragestellung für den Weg von Familienbande Trallafitti
Ein Plädoyer für mehrgenerationelles Leben
Ich werde häufig gefragt, warum es so wichtig ist, dass die Generationen wieder zueinanderfinden. In diesem Beitrag möchte ich diese relevante Fragestellung genauer beleuchten.
Wir leben in einer Zeit, in der das Zusammenkommen der Generationen wichtiger ist denn je, denn der demografische Wandel ist in Deutschland längst angekommen und stellt althergebrachte gesellschaftlich anerkannte Versorgungsstrukturen massiv infrage. Die zentralen Ursachen dieses Wandels liegen in:
…der niedrigen Geburtenhäufigkeit: Deutschland gilt inzwischen als geburtenarmes Land, denn im Schnitt liegt die Geburtenrate einer Frau bei 1.54 Kinden (vgl. Destatis) – im Vergleich dazu bekam eine deutsche Frau um 1900 noch durchschnittlich 4 Kinder. (Vgl. Brockhaus)
…der steigenden Lebenserwartung: Jede zweite Person in Deutschland ist heute älter als 45 und jede fünfte Person älter als 66 Jahre. Die durchschnittliche Lebenserwartung der neugeborenen Mädchen liegt aktuell bei 90,7 Jahren und das der Jungen bei 86, 4 Jahren. Das ist die höchste Lebenserwartung seit Beginn der Menschheit. Seit Ende des 19. Jahrhunderts habe sich die Lebenserwartung verdoppelt, so die Hannoversche Lebensversicherung. (Vgl. Hannoversche)
Konnte man sich die Bevölkerungsstruktur früher wie eine Pyramide vorstellen - unten breit, weil es viele junge Menschen gab und je weiter man nach oben kam, desto schmaler wurde die Pyramide – so ist es heute in Deutschland umgekehrt.
Dieses Verhältnis wird in den kommenden Jahren noch durch die Babyboomer-Generation, die ins Rentenalter kommt, verstärkt. (Vgl. Rheinische Post)
Das Altersvorsorgekonzept, was bisher funktionierte, wird mit diesem Wandel außer Kraft gesetzt. Früher sorgte man innerhalb der Familie füreinander, lebte zumeist unter einem Dach und trat füreinander ein. Mit Mitte des 20. Jahrhunderts wurden diese Hilfeleistungen zunehmend institutionalisiert, dadurch die Generationen voneinander separiert und die Kommunikation zwischen Jung und Alt kam fast zum Erliegen.
Heute, mit Blick auf den demografischen Wandel und seine absehbaren Folgen für die Gesellschaft, gewinnt das Zusammenführen der Generationen als zukunftsweisende Notwendigkeit für eine angemessene Altersversorgung aller neue Relevanz. Einige Pionierprojekte und Angebote, wie beispielsweise das der Mehrgenerationsbrücke, gibt es bereits, doch es fällt schwer, ein flächendeckendes Programm zu etablieren, das auf natürliche Art und Weise den Alltag von Kindern, Eltern und Senioren, das Leben in Kindergarten, Schule, auf der Arbeit und in Seniorenheimen verbindet.
Das hat auch die Bundesregierung erkannt und wirbt mit ihrer Kampagne „Jedes Alter zählt“ für das Zusammenführen der Generationen unter anderem mit dem Ziel, den sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalt aktiv zu fördern.
Damit dies gelingt, bedarf es eines Bewusstseins für die Belange der unterschiedlichen Generationen unserer Gesellschaft und einer Vision dafür, wie diese Generationen wieder neu zueinander finden, miteinander ins Gespräch kommen und einander ergänzend Leben aktiv gestalten können. (Vgl. Bundesministerium für Gesundheit)
Ein paar Beispiele:
Aufgrund unterschiedlicher Lebensbiografien und Prägungen der jeweiligen Zeit sind die Erfahrungswelten von Jung und Alt und auch ihr Können verschiedene. Wenn diese im alltäglichen Leben und Miteinander zusammenkommen, ist es möglich, Brücken zwischen den Erfahrungswelten zu bauen, Berührungspunkte zu schaffen und Kompetenzen gemeinsam zu steigern. Somit wäre es möglich, voneinander zu profitieren und zu lernen, z.B. profitieren die Enkel von den handwerklichen und hauswirtschaftlichen Fähigkeiten der Großeltern, die Großeltern von den medialen Fertigkeiten der Enkel, die Eltern versorgen die Großeltern, wo diese es nicht mehr allein schaffen und die Großeltern sind für die Enkel da, wenn die Eltern arbeiten. So können alle miteinander ressourceneffizienter leben und arbeiten.
Unterschiedliche Generationen erleben und verinnerlichen unterschiedliche Werte.
Das Alter, welches geprägt ist von vielfältigen Lebenserfahrungen, von der Erfahrung der Begrenzung, des Ausharrens und des Überwindens von Mangel in schwierigen Situationen, vermittelt Werte der Stabilität, der Ruhe und Entschlossenheit. Zum einen sind diese Werte dem Alter selbst zuzurechnen, zum anderen der Lebensrealität, in der die Älteren aufgewachsen sind: Weniger Technik, weniger Medien, langsamere Abläufe, etc.
Die Jungendgeneration ist Wohlstand gewohnt, geprägt von „alles haben wollen und können und zwar jetzt und sofort“. Das macht sie eher sprunghaft und unbeständig, schnell unmotiviert, es fehlt an Frustrationstoleranz und dem Einsehen, dass Entbehrungen zum Leben dazugehören und aktiv überwunden werden können.
Die Großelterngeneration könnte in solchen Situationen aufgrund ihrer Lebenserfahrung ermutigen und anspornen, sie könnte der Jugend zu Mentoren werden, die sich Zeit nehmen zum Zuhören, Rücken Stärken, Begleiten und vielleicht auch konkret und aktiv Helfen. Das wiederum entlastet zugleich die Eltern, die in der Begleitung der Kinder eine andere Rolle einnehmen als die Großeltern.
Doch auch umgekehrt können die Älteren von der Jugend profitieren.
Die Jugend hat gelernt, in den heutigen Zeiten agil und flexibel zu bleiben, mit dem Fortschritt aktiv mitzuhalten, ständig Neues zu lernen und anzuwenden. Diese Flexibilität kann die Älteren herausfordern, ihren eigenen Horizont zu weiten und Schritte zu wagen, die für sie allein undenkbar wären.
Wie genial ist die Vorstellung, dass Ältere im häuslichen Umfeld bei Kaffee und Kuchen mit der Jugend zusammensitzen und von ihr den Umgang mit Medien lernen anstatt in institutionalisierten Kursen?
Solche Gemeinschaftsaktionen fördern aktiv den sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalt und tragen auch langfristig zu einer verbesserten Kommunikation zwischen Jung und Alt bei.
Ein weiterer sich positiv auf ältere Menschen auswirkender Aspekt junger Menschen, vor allem der Kinder, ist, dass in ihnen eine natürliche Lebensfreude und Energie steckt, die ansteckend wirkt. Kinder mobilisieren ältere Menschen auf erstaunliche Art und Weise. Studien belegen, dass sich der regelmäßige Kontakt von Senioren zu Kindern positiv auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der älteren Generation auswirkt, ja sogar zu mehr Lebensqualität führt, was wiederum den Alterungsprozess entschleunigen und damit das Gesundheitssystem langfristig sicher entlasten könnte. (Vgl. Leben&erziehen) Mehr zu diesem Thema findest du in einem weiteren Beitrag. (Siehe den Blogbeitrag Oma, Opa, Enkelkind – Schätze der Generationen)
Generell lässt sich festhalten, dass sich das Zusammenleben und -wirken unterschiedlicher Generationen positiv auf Lern- und Lebensqualität aller Beteiligten auswirkt. Immer mehr Projekte und Studien zu diesem Thema belegen diese Erkenntnis. Aus christlicher Perspektive bestätigt dies die Annahme, dass der Mensch ein soziales Wesen ist, das von Gott auf Beziehung hin angelegt ist und nur darin auch sein Potential voll entfalten kann. Der Mensch überlebt und lebt erst da voll auf, wo er eingebettet ist in positive, kreative, vielfältige und einander ergänzende Beziehungen, in den Austausch und das Miteinander der Generationen.
Trallafittis Herzensanliegen ist es, genau hierfür Räume zu gestalten, Generationen miteinander zu verbinden und so einen aktiven Beitrag zur Förderung des sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalts zu leisten.
Quellen
Bundesministerium für Gesundheit: „Die Demografiestrategie der Bundesregierung – „Jedes Alter zählt““, unter: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/d/demografiestrategie-der-bundesregierung.html (abgerufen am 05.10.22).
Brockhaus, Sarah: „Demografischer Wandel: Ursachen, Folgen und Lösungen“, unter: https://utopia.de/ratgeber/demografischer-wandel-ursachen-folgen-und-loesungen/ (abgerufen am 29.10.22).
Destatis: „Geburtenziffer 2019 auf 1,54 Kinder je Frau gesunken“, unter: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/07/PD20_282_122.html (abgerufen am 05.10.22)
Hannoversche: „Steigende Lebenserwartung – Was sind Gründe und Folgen?“, unter: https://www.hannoversche.de/wissenswert/steigende-lebenserwartung-was-sind-gruende-und-folgen (abgerufen am 05.10.22).
Leben&erziehen: „Betreuung durch die Großeltern: Oma und Opa machen das schon!“, unter: https://www.leben-und-erziehen.de/familie/familienleben/rolle-der-grosseltern-990667.html (abgerufen am 17.11.22).
Rheinische Post: „Die geburtenreichen Jahrgänge der 50 und 60er Jahre - Die Babyboomer gehen bald in Rente“, unter: https://rp-online.de/leben/die-babyboomer-gehen-bald-in-rente_aid-53186859
(abgerufen am 07.10.22).