Eingewöhnung in die Kita
Tipps und Hilfreiches für einen guten Start
Die Eingewöhnung des Kindes in die Kita stellt für viele Eltern immer wieder eine große Herausforderung dar:
Zum einen freuen sich die meisten Eltern auf den Beginn der Kita-Zeit, da mit ihr die eigene Freiheit, zumindest für ein paar Stunden am Tag, wieder eingeläutet wird. Dazu steht für die meisten die Rückkehr in den Beruf an, der in der Regel als eine willkommene Abwechslung zum Windelwechselalltag erlebt wird.
Zum anderen sind da aber auch beklemmende Gefühle von Sorge um das Wohlergehen des Kindes, wenn es in andere Obhut kommt, Angst, nicht genügend für das Kind da zu sein, Verlustempfinden von gewohnter Nähe, Trauer, dass eine intensive Eltern-Kind-Bindungsphase zu Ende geht, oder vieles mehr. Alles zusammen ergibt ein großes emotionales Knäuel. Da Kinder instinktiv die Haltungen und Gefühle der Eltern erfassen, reagieren sie auf die sorgenvollen Haltungen der Eltern und agieren dieses innere Gefühl der Verunsicherung zum Beispiel mit Klammern, Weinen oder Protestieren aus. Dieses Verhalten verstärkt wiederum die ambivalente Gefühlslage der Eltern, so dass die Eingewöhnung in die Kita ein echter emotionaler Kraftakt für alle Beteiligten wird.
Der Ausweg:
Kläre dich als Mama und Papa und horche in dich hinein, was da alles emotional los ist. Freust du dich auf diesen neuen Prozess? Oder eher nicht? Wie geht es dir damit, dein Kind ein Stück weit „loszulassen“? Machst du dir Sorgen, ob alles so funktionieren wird, wie du es dir für dein Kind wünschst? Spürst du Ängste und Sorgen, dann sei mutig und stell dich deinen Gefühlen, denn wenn du weißt, wie es in dir aussieht, kannst du Lösungen für deine Nöte, Fragen und Sorgen finden. Bist du innerlich geklärt und hast du für dich hinreichend Gründe gefunden, warum die Kita für dein Kind wertvoll ist, kannst du deinem Kind einen positiven und friedvollen Rahmen für den Besuch der Kita bieten. Erst dann kannst du auch von deinem Kind erwarten, dass es neugierig und erwartungsvoll in die Kita geht. Warum? Weil dein Kind dich spürt! Es spürt, wenn du dir Sorgen machst, Ängste hast oder dein Kind nicht gut „loslassen“ kannst. Das „Loslassen“ an sich ist dabei nicht das Problem. Du musst dir deiner eigenen Gefühle nur bewusstwerden und den Mut haben, sie dir einzugestehen. Nicht dein Kind „hat Probleme“, du hast sie. Das zu sehen und zu bejahen, kostet Mut. Wenn du ihn aufbringst, dann kannst du dir überlegen, ob du dir selbst noch etwas Zeit geben möchtest, deinen Ablösungsprozess in Ruhe abzuschließen und dein Kind erst später in die Kita zu geben. Lieber in Ruhe an diesem innerlichen Prozess arbeiten, als dein Kind abgeben und ihm somit den Einstieg in die Kita unnötig erschweren.
Sich selbst als Mama oder Papa klären ist für mich das A und O. Damit stehen Eltern und Kind die Tür in den Kindergarten quasi offen. Wenn du mit deinem Kind durch diese offene Tür gegangen bist, dann geht es als nächstes um die Frage, wie du dort vor Ort die Ablösung und das Verabschieden voneinander konkret gestaltest. Eine gute Kita hilft Eltern dabei und bindet sie in den Eingewöhnungsprozess ein und bespricht mit ihnen Fortschritte, Rückschläge und Probleme. Dazu gehört auch, sich über das Abschied nehmen voneinander Gedanken zu machen.
Ich tendiere und rate immer dazu, dem Kind ganz bewusst und voller Zuwendung „Tschüss!“ zu sagen, bzw. sich so zu verabschieden, wie du das auch sonst tust. Das schafft Klarheit und gibt dem Kind Orientierung darüber, worauf es sich jetzt einzustellen hat.
Ein solches Verabschieden ruft beim Kind nicht selten emotionale Abwehrreaktionen hervor, die man als Eltern gerne vermeiden möchte. Deshalb wählen nicht wenige Eltern die „Ich schleiche mich heraus, wenn mein Kind abgelenkt ist“ Variante. Was sie dabei nicht bedenken, ist, dass sich das Kind erschreckt, sobald es merkt, dass du weg bist. Dieses Erschrecken kann das Kind verunsichern und dazu führen, dass es intuitiv in Zukunft noch mehr Konzentration darauf verwendet, dich nicht aus den Augen zu lassen. Es wird sich also in der Kita nicht ins Spiel vertiefen oder auf die Erzieherinnen zugehen aus Angst, du könntest irgendwie wieder „verschwinden“.
Ich kann nur dazu ermutigen, dich liebevoll und zugewandt, aber konsequent zu verabschieden. Der Prozess der Verabschiedung wird anfangs von den Erziehern sehr intensiv begleitet. Mach dir bewusst, dass dein Kind im Falle von Weinen und Schreien in liebevoller Obhut ist. Schwierig wird es für das Kind nur dann, wenn es ein ambivalentes Verhalten von deiner Seite spürt. Dafür haben Kinder gute Antennen. Bei ambivalentem Verhalten spreche ich von einem inneren Konflikt seitens der Eltern, der in Gestik, Mimik, Körperhaltung und Sprache zum Ausdruck kommt. Eltern sind dann zwischen „Mein Kind tut mir leid, ich muss zu ihm“ und „Ich weiß, dass es gut aufgehoben ist und entsprechend begleitet wird.“ hin- und hergerissen.
In diesem Fall versuche, dass dein Verstand die Oberhand gewinnt. Lieber einmal liebevoll verabschieden und am Fenster winken, als zu lange vor der Tür stehen bleiben und dann doch umkehren und das Kind trösten. Das zieht nur die Verabschiedung unnötig in die Länge, es hindert die Erzieher*innen daran, ihrer Aufgabe der Begleitung und Beziehungsgestaltung angemessen nachzukommen und provoziert einen sich wiederholenden Konflikt zwischen Eltern und Kind.
Manchmal höre ich von Eltern, dass Kinder ihre Eingewöhnungsschwierigkeiten in die Kita (Weinen, Klammern, Ich- kann- nicht-gehen-Bauchweh, …) auch nach einigen Monaten nicht überwunden haben. Das ist für alle Beteiligten ungemein frustrierend, nervenaufreibend und es macht ratlos.
Für Eltern ist es immer sinnvoll, einmal die eigene Kindergartenzeit zu reflektieren und herauszufinden, welche Erinnerungen und Gefühle damit verbunden sind. Nicht selten entdecken Eltern dabei, dass sie an ihre eigene Kindergartenzeit keine positiven Erinnerungen haben. Nicht nur, dass das Kind auch diese zumeist tief schlummernde Abneigung intuitiv wahrnimmt, sondern es ist den Eltern kaum möglich, unter diesen Umständen dem Kind eine emotional positive und freudige Sicht auf die Kita zu vermitteln.
Alles in allem möchte ich dir raten: Nimm den Druck raus, sei ehrlich zu dir selbst und trau deinem Kind zu, dass es bereit ist, neue Erfahrungen zu sammeln. Und auch im Falle, dass du im Nachgang feststellen solltest, nicht alles gut oder richtig gemacht zu haben bei der Eingewöhnung: Das ist völlig normal! Eltern können nie alles richtig machen! Diesen Mut zur Ehrlichkeit, diese Wahrheit einmal laut auszusprechen, muss doch mal jemand haben! Du bist ein Mensch, kein perfekt programmierter Roboter – Gott sei Dank!
Wichtig und entscheidend ist, dass man jede Beziehung, wenn sie Kratzer und Brüche erhält, “reparieren“, “wiederherstellen“ kann. Das ist zumindest die Überzeugung der englischen Psychotherapeutin Philippa Perry in ihrem Buch „Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen“. Ein sehr empfehlenswertes Buch, wie ich finde, wenn es um Erziehungsinhalte geht!
Perrys Ansatz: Fehler machen ist menschlich und ok, doch wir müssen sie uns eingestehen, uns dem Problem zuwenden, den Bruch erkennen und eine Brücke schlagen. Ein Fahrrad mit Platten fährt sich schwerfällig, doch hat man gelernt, es zu reparieren, nimmt man schnell wieder Fahrt auf. Meint: Tritt immer wieder neu in die Beziehung zu deinem Kind, rede über Fehler oder versuche es beim nächsten Mal anders zu machen, frage dein Kind, was es gebraucht hätte, oder finde mit ihm gemeinsam Handlungsideen und Lösungen.